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Von Holländertannen, Wieden und Gestören - einst und jetzt

Veröffentlicht am: 21. November 2024

Tag 2 der Exkursion im Wahlfach Mensch und Umwelt ins Kinzigtal

Im Sommer 1832 durchquerten 29 württembergische Forststudenten vom Forstinstitut in Hohenheim unter Leitung des Professors Wilhelm Gwinner den Schwarzwald auf einer Lehrwanderung, um die hiesige Waldbewirtschaftung näher kennenzulernen. Dabei warfen sie auch ein fachkundiges Auge auf die Flößerei auf der Kinzig, die damals in voller Blüte stand. Mit diesem geschichtlichen Hinweis begrüßten der Ortshistoriker Dr. Hans Harter und Floßmeister Thomas Kipp von den Schiltacher Flößern am 31. Oktober 2024, 192 Jahre später, eine fast gleich große Gruppe von Forststudentinnen und –studenten sowie einem Studierenden im Studiengang Ressourcenmanagement Wasser, in Begleitung ihrer Professoren Dr. Heidi Megerle und Christoph Schurr.

Exkursionsthema war der Zusammenhang von Waldbewirtschaftung und Gewässernutzung im Schwarzwald. Die aktuellen Aspekte dieses Themas wurden am Tag zuvor im Reinerzauer Tal und an der Talsperre Kleine Kinzig vorgestellt. Die Stammholzflößerei auf der Kinzig fand ebenfalls das große Interesse der Studierenden. Nun allerdings im geschichtlichen Rückblick, denn seit 130 Jahren fahren keine kommerziellen Flöße mehr die Kinzig hinunter. Sachkundig erläuterten Dr. Harter und T. Kipp vor Ort und an vielen Beispielen, wie Stämme mit Wieden zu Gestören und ganzen Flößen zusammengebaut wurden, ebenso wie die Technik des Floßfahrens und des dafür erforderlichen Gewässerausbaus. Eindrücklich waren auch die Schilderungen des harten Lebens der Flößer. Und wichtig waren ihre Ausführungen zur Bedeutung der vom Wald und Holz abhängigen Gewerbe für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Schiltach im 18. und 19. Jhdt. Die Schiltacher Flößer, die Großspediteure der damaligen Zeit, genossen mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten europaweit höchstes Ansehen.

In nachhaltiger Erinnerung wird den künftigen Försterinnen und Förstern aus Rottenburg bleiben, mit welchem Engagement die Schiltacher Flößerzunft um Vorstand Hartmut Brückner die alten Techniken des Floßbaus wiederbelebt und die Tradition des Flößens wieder praktiziert, auch heute wieder eingebettet in ein europaweites Netzwerk Gleichgesinnter. Die Forststudentinnen und –studenten durften, gestärkt durch ein Vesper, auf dem Vereinsgelände auch selbst Hand anlegen und Wiedlöcher bohren – was ganz schön Kraft brauchte.

Nach Schiltach wurde der im unteren Kinzigtal gelegenen ehemals Freien Reichsstadt Gengenbach ein Besuch abgestattet. Hier gibt es nicht nur eine beeindruckende, vom Holzfachwerkbau geprägte Altstadt. Vor dem Stadttor befindet sich ein etwas in die Jahre gekommenes Flößerei- und Verkehrsmuseum, für das Linda Strzelecki, Absolventin des Studiengangs Bachelor Forstwirtschaft, im vergangenen Jahr ein Konzept zur Neugestaltung entwickelt hat. Zusammen mit Wilhelm Schrempp, dem Vorsitzenden des Stiftungsrates für das Museum, und Ewald Elsäßer, dem früheren Leiter der Forstbehörde im Ortenaukreis, stellte sie dieses Konzept ihren Kommiliton*innen vor. Ziel ist zum einen eine stärker interaktive und zum Mitmachen einladende Gestaltung der Ausstellung zum Flößen. Ebenso wichtig ist die thematische Weiterentwicklung zu einem Ort, an dem die heutzutage große Bedeutung des Wald- und Holzsektors für diese Region vorgestellt wird. Während früher v.a. unbearbeitetes Rohholz nach Holland geflößt wurde, weist die wald- und holzbessenene Region des mittleren Schwarzwaldes heute eine enorme Dichte an rührigen und innovativen kleinen und mittleren Unternehmen auf, die in der Holzbe- und –verarbeitung sowie im Holzbau tätig sind. Im Zuge der Bachelorarbeit haben viele davon ihr Interesse bekundet, bei neuen Angeboten des Museums mitzumachen und damit zur Vorstellung dieses Themas in der regionalen Öffentlichkeit und bei Touristen beizutragen.

Ein weiterer bemerkenswerter Exkursionstag: es wird sicher keine weiteren 192 Jahre dauern, bis angehende Forstleute erneut die Flößerei- und Holzexperten im Kinzigtal besuchen.