Von Eremiten, Windelschnecken und dem Braunen Eichenzipfelfalter
Veröffentlicht am: 13. Juni 2023
Wie ökologische Ziele die Alltagsarbeit von Revierleitenden bestimmen, erkundeten die Studierenden im 6. Semester des Bachelor-Studiengangs Forstwirtschaft im Schönbuch.
Der Leiter des Forstbezirks Schönbuch, Götz Graf v. Bülow, erläutert die Besonderheiten Pflege des Lebensraumes der Windelschnecken im Tal des Goldersbachs.
Götz Graf v. Bülow, Leiter des ForstBW-Forstbezirks Schönbuch, erläuterte an prägnanten Beispielen, dass die Erhaltung und Förderung der Biodiversität inzwischen ein wichtiges Ziel der naturnahen Waldbewirtschaftung in diesem Waldgebiet zwischen Tübingen und Stuttgart geworden ist. Doch nicht nur naturwissenschaftliches Fachwissen ist dabei gefragt, sondern auch eine solide Kenntnis des europäischen und nationalen Naturschutzrechts. Denn Naturschutz im Wald benötigt auch das vertrauensvolle Zusammenwirken mit Naturschutzbehörden und einer oft sehr sachkundigen, z.T. auch kritischen Öffentlichkeit.
Eine Besonderheit im Schönbuch sind die Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder, die nur kleinflächig auf Knollenmergelstandorten wachsen. Auf diesem zähen Keuperton findet die Elsbeere ein Refugium, wo sie der Konkurrenz von Eiche und Buche standhalten kann. Die Pflege dieses aus europäischer Sicht besonders wertvollen Waldlebensraumtyps muss mit großer Sorgfalt geschehen, um eine günstigen ökologischen Zustand zu erhalten.
Seit langer Zeit haben die forstlichen Betreuer des Schönbuchs ihre schützende Hand über landschaftsprägende Laubbäume gehalten. Zahlreiche uralte Eichen zeugen davon, in denen Eremit, eine europäisch streng geschützte totholzbewohnende Käferart, und seine Larven bewohnen. Die Herausforderung für die Waldbewirtschaftung ist, vorausschauend über Jahrhunderte für eine ausreichende Zahl nachwachsender Baum-Methusaleme zu sorgen.
Eine kleinflächig angepasste Wiesenpflege mit Hochlandrindern fördert dagegen die ebenfalls europäisch geschützten Windelschnecken auf den Talwiesen am Goldersbach. Anders als früher eingesetzte mechanische Pflegeverfahren sorgen die Rinder für eine große Vielfalt ungleichmäßig verteilter Kleinhabitate und halten trotzdem die Sukzession zurück.
Auch der Braune Eichenzipfelfalter braucht aktives Waldmanagement für seine Entwicklung. Der Lebensraum dieses Tagschmetterlings sind größere helle Flächen mit jungen Eichen, die von Gräsern umwachsen sind. Noch gibt es im Forstbezirk genügend ältere Fichtenbestände, die zu Eichenkulturen verjüngt werden können und so den Lebensraum des Zipfelfalters sichern, der trotz seiner braunen Farbe zur Familie der Bläulinge gehört.
Bei dieser Exkursion wurde einmal mehr klar, dass Natur- und insbesondere Artenschutz im Wald das richtige Maß zwischen Die-Natur-Machen-Lassen und aktivem Habitatmanagement braucht, um Lebensräume für möglichst viele Arten zu bieten.