Europa und der Wald – Die Waldpolitik der Europäischen Union
Veröffentlicht am: 27. Januar 2025
Für welche Zwecke Wälder gemanagt werden und wer den Nutzen daraus hat, wird heute maßgeblich durch europäische Gesetze geregelt. Die Studierenden im Studiengang Master Forstwirtschaft müssen sich deshalb in ihrer Ausbildung mit den politischen Aktionen der EU intensiv auseinandersetzen, die Waldökosysteme und deren Nutzung betreffen. Sie sollen verstehen, wie die europäischen Regeln zustande kommen, wie sie die Waldbewirtschaftung bis zur lokalen Ebene beeinflussen und wie ihre Anwendung im Rahmen einer guten fachlichen Praxis der Waldbewirtschaftung erfolgen kann.
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Einen Überblick über die EU als Akteur der Wald- und Umweltpolitik gab Dr. Metodi Sotirov von der Universität Freiburg. Als zentrales Thema des Diskurses in der europäischen waldpolitischen Arena arbeitete er das Verhältnis von Wäldern als Rohstoffquelle vs. Wälder als Quelle von Umweltleistungen heraus. Dieses Verhältnis wird permanent im Wechselspiel unterschiedlicher Interessen und Grundüberzeugungen neu justiert. Nachdem in den vergangenen Jahren aus europäischer Perspektive v.a. die Rolle von Wäldern als Lebensraum und CO2 – Speicher im Vordergrund standen, zeichnet sich in der neuen Amtsperiode des EU-Parlaments und der EU-Kommission eine größere Bedeutung von Wäldern als wirtschaftliche Ressource ab. Das zeigt sich in Initiativen wie dem neuen Europäischen Bauhaus oder der Aufstellung einer neuen Bioökonomiestrategie. Der Referent richtete seinen Blick aber nicht nur „auf die da oben“ in Brüssel, sondern auch auf die 16 Millionen europäischer Waldbesitzer, die vielfältigste Zielsetzungen haben und von der europäischen Waldpolitik sehr unterschiedlich erreicht werden. Vertieft wurden die Ausführungen durch eigene Untersuchungen über die Zulässigkeit von Kahlhieben und zur Wiederbewaldung in den EU-Mitgliedsstaaten. Auf europäischer Ebene ebenso wie in den deutschen Bundesländern gibt es dazu vielfältige, nicht immer überzeugende Regeln.

Sehr konkret wurde es im anschließenden Fachvortrag über die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EU regulation on deforestation free products / EUDR) von Dr. Axel Heider, bis 2024 für Wald und Holz verantwortlicher Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und jetzt Lehrbeauftragter für Nachhaltigkeit im Umweltrecht an der Universität zu Köln. Diese Gesetzgebung soll weltweit die Erhaltung von Wäldern unterstützen. Rohstoffe wie Soja, Palmöl, Kaffee, Holz oder Kautschuk und daraus gefertigte Produkte dürfen nur dann auf den europäischen Binnenmarkt gelangen, wenn ihre Erzeugung legal und nicht auf unerlaubterweise gerodeten Flächen stattfand. Um dies zu gewährleisten, müssen z.B. die Herkunft von Erzeugnissen transparent und nachverfolgbar oder die Übereinstimmung der Ernte mit den jeweiligen nationalen Gesetzen geben sein. Wer diese Produkte auf den EU-Markt bringt, muss Sorgfaltspflichten einhalten und angeben. Diese Sorgfaltspflichten müssen aufgrund völkerrechtlich verbindlicher Maßgaben auch für in der EU selbst erzeugte Produkte, v.a. Holz, gelten. In der deutschen und europäischen Forstwirtschaft sieht man sich bei der Walderhaltung allerdings auf einem guten Pfad, bei dem Wälder nachhaltig erhalten und geschützt sind. Gegen die Einführung der EUDR – Regeln innerhalb der EU wurde deshalb starker Widerstand gerade von den Verbänden des Waldbesitzes organisiert. Zuletzt wurde vom EU-Parlament eine Verschiebung der Einführung der EUDR um ein Jahr auf den 1.1.26 beschlossen.
Dr. Heider stellte nicht nur den Entstehungsprozess dieser Gesetzgebung vor. Er führte auch zahlreiche sachliche Gründe für ihre Berechtigung an. Ferner legte er dar, dass die EUDR aus völkerrechtlichen Verpflichtungen resultiert, die die EU und Deutschland eingegangen sind. Es kann also nicht mehr um eine Abschaffung der EUDR gehen, Ziel muss vielmehr die Entwicklung möglichst einfacher, verlässlicher und akzeptabler Methoden für den Marktzugang europäischer Hölzer sein. Welche Möglichkeiten dafür bestehen und wie die betroffenen Branchen sich in diesen Prozess konstruktiv einbringen können, war Gegenstand einer regen Diskussion.
Hervorzuheben ist, dass das Auditorium für diesen Vortrag um die Studierenden aus dem Studiengang Holzwirtschaft der HFR erweitert war, die sich ebenfalls intensiv in die Thematik einbrachten. Diese Veranstaltung ist somit auch ein schönes Beispiel für die studiengangübergreifenden Lehrangebote an der HFR.