65 Meter unter Wasser – Studierende der HFR erkunden die Wassernutzung im Reinerzauer Tal im mittleren Schwarzwald
Veröffentlicht am: 19. November 2024
Tag 1 der Exkursion im Wahlfach Mensch und Umwelt ins Kinzigtal
Eine zweitägige Exkursion führte Studierende der Studiengänge Bachelor Forstwirtschaft und Ressourcenmanagement Wasser unter Leitung der Professoren Dr. Heidi Megerle und Christoph Schurr in den Nordschwarzwald. Bei bestem Herbstwetter erläuterte uns Thomas Bechle, Absolvent der HFR und jetzt Leiter der Wassergewinnung und -aufbereitung beim Zweckverband Wasserversorgung Kleine Kinzig, warum die Lage der Talsperre Kleine Kinzig bei Alpirsbach optimal für die Gewinnung von Trinkwasser ist. Das Einzugsgebiet der 1978 – 82 gebauten Talsperre ist zu fast 100% mit noch immer stabilen Wäldern bestockt und wird kaum von technischen Infrastrukturen durchschnitten.
Das Versorgungsgebiet des Zweckverbandes deckt den mittleren Schwarzwald ab und reicht von Horb im Osten bis nach Offenburg im Westen. Nicht nur Trinkwasser wird hier gewonnen, sondern auch Energie, mit der das Wasser über bis zu 300 m Höhenunterschied in Hochbehälter gepumpt wird, um von dort aus weiter verteilt zu werden. Selbst das sauberste Wasser bedarf noch einer Aufbereitung im Wasserwerk des Zweckverbandes, wozu es ebenfalls sehr informative Ausführungen von Th. Bechle gab.
Der Höhepunkt des Besuchs, im wahrsten Wortsinne, war der Besuch des mitten in der Talsperre stehenden Wasserentnahmeturms. Der Zugang führt über einen Stollen, dessen Ende 65 m unter der Wasseroberfläche des Seespiegels am Fuß des Turms liegt. Beim ersten Besuch wird erwartet, dass der Turm zu Fuß über die Treppen erklommen wird, eine Herausforderung, die die Studierenden mit Bravour meisterten. Vom Turmkopf aus bot sich ein toller Ausblick über den Stausee und die umliegenden Wälder. Dieser Ausblick gab allerdings auch Anlass zu einer regen Diskussion wie sich die Wasserversorgung unter dem Vorzeichen des Klimawandels und sich verändernder Wälder anpassen muss.
Nach dem Besuch der Talsperre folgte die Besichtigung eines traditionellen, ursprünglich wassergetriebenen Hofsägewerks im Reinerzauer Tal. Nach wie vor wird die Wasserkraft genutzt, heute jedoch ausschließlich zur Gewinnung von Strom, der auch das Sägegatter antreibt. Hier zeigte uns Elisabeth Wehle-Dölker von der Wasserbehörde beim Landratsamt Freudenstadt auch, wie die Kleine Kinzig im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie wieder für Wasserbewohner durchlässig gemacht wird. Für die Forststudierenden war es durchaus bemerkenswert zu erfahren, dass nicht nur Waldbewirtschafter eine erhebliche Gemeinwohlverpflichtung tragen, sondern selbst langjährige Wassernutzer große Lasten bei der Wiederherstellung von Gewässern übernehmen müssen, oft sogar ohne staatliche Förderung.
Danach folgte die Besichtigung der Reinerzauer Holzriese. Diese traditionelle Einrichtung, um das Stammholz von den Schwarzwaldhöhen hinab zu den Einbindestellen der Flößer in den Tälern zu bringen, wurde von Michael Hamm vorgestellt. Als Förster verstand er es, den Studierenden die Technik des Riesens, aber auch die dabei bestehenden Gefahren nahe zu bringen. Am Schluss lud er alle Exkursionsteilnehmer zum Schauriesen ein, das 2025 wieder in Reinerzau stattfindet.
Den ersten Exkursionstag schloss die Wanderung zu Schwallteichen im Kaltbrunner Tal ab. Dr. Lutz Herbst vom Landesdenkmalamt erläuterte den Ausbau dieser kleinen Wasserstaue und ihre Funktion, bei Bedarf durch das schnelle Ablassen von Wasser aus kleinen beschaulichen Bächen für die Flößerei geeignete Flüsse zu machen.
Damit war eine gute Grundlage für den folgenden Exkursionstag gelegt.