„Einzelne Eichbäume stehen hier und da auf der Trift“
Veröffentlicht am: 11. Januar 2023
So beschrieb der durchreisende Johann Wolfgang Goethe 1797 die Schönbuchlandschaft, die damals mehr einer Baumsavanne als einem intakten mitteleuropäischen Waldökosystem glich. Jahrhundertelang war das Waldgebiet zwischen Stuttgart und Tübingen als Weidegebiet und Quelle von Energie, Rohstoffen und Nahrung unentbehrliche Lebensgrundlage für die umliegenden Siedlungen gewesen. Aber auch die hohen Wildbestände im Staatsjagdgebiet der württembergischen Herrscher trugen maßgeblich zur Übernutzung dieser Landschaft bei.
Dr. Ulrich Hägele, Initiator und Kurator des Schönbuchmuseums in Dettenhausen, führte die Studierenden des Kurses Mensch und Umwelt im 7. Semester des Bachelor Forstwirtschaft an der HFR sachkundig und mit lebendigen Schilderungen durch die drei Abteilungen zum Gesteinsabbau, zur Waldnutzung und zur Jagd. Ein Museum zum Anfassen übrigens, denn viele Ausstellungsgegenstände durften auch tatsächlich in die Hand genommen werden.
Es gab viel Interessantes zu sehen und zu hören. Dass die bittere Armut in den Dörfern zu einer großen Migrationswelle im 19. Jhdt. nach Nordamerika führte. Dass erst die Verdrängung der bäuerlichen Nutzungsrechte am Wald dem württembergischen Staat erlaubte, das Waldgebiet als quasi industrielle Holzproduktionsstätte überwiegend mit Nadelbäumen wieder zu bestocken und welche Rolle dabei die Kulturfrauen mit bescheidenem Lohn für ihre Drecksarbeit spielten. Aber auch, wie die Schönbuchwälder nach zahlreichen Sturmkatastrophen in den letzten drei Jahrzehnten in viel naturnähere, von Laubbäumen geprägte Wälder überführt wurden, die den Waldbesuchern nun für Erholung und Naturschutz viel anzubieten haben. Und ebenso vom Engagement der Bevölkerung für „ihren Schönbuch“, der den Bau eines Großflughafens in den 1970er Jahren verhinderte, zur Gründung des Naturparkes und zu einer positiven Waldgesinnung der Bevölkerung führte. Noch immer ist der Schönbuch eine unentbehrliche Lebensgrundlage für die umliegenden Städte und Gemeinden, doch sind es heute ganz andere Leistungen als vor 220 Jahren, die ihnen die Wälder bieten. Würde Goethe heute durchreisen, würde er vermutlich von einer waldreichen, von vielen eindrucksvollen Eichen und anderen Laubbäumen geprägten Landschaft berichten, in der nur noch einzelne freie Stellen beeindruckende Ausblicke in die Landschaft des Albvorlandes erlauben.
Vielen Dank an Dr. Ulrich Hägele für die interessante Führung durch das Schönbuchmuseum aus der Perspektive eines Kulturwissenschaftlers und Nicht-Försters!