Die letzten Urwälder in (Mittel)Europa – Wo es sie noch gibt, warum wir sie schützen müssen
Veröffentlicht am: 25. Januar 2021
In der vor kurzem erschienen Anthologie „Der Holzweg“ im oekom Verlag, mit 36 Aufsätzen, die sich kritisch mit Wald- und Forstthemen beschäftigen, ist auch ein lesenswerter Beitrag von Prof. Dr. Rainer Luick von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (HFR).
Es geht darin um die Situation der letzten Urwälder in Mitteleuropa und warum auch wir in Deutschland eine Verpflichtung haben, für ihren Schutz Verantwortung zu übernehmen. Insgesamt haben kaum noch 1% der europäischen Wälder (ohne Russland) Urwaldcharakter. Bezogen auf die EU liegen sicher 70% in den rumänischen Karpaten. Das sind zwischen 100 000 und 150 000 Hektar, eine genaue Inventur gibt es nicht. Seit dem EU Beitritt Rumäniens 2007 sind mindestens 100 000 Hektar Urwälder und sicher mehr als 500.000 Hektar sehr naturnahe Wälder, meist im großflächigem Kahlhieb, abgetrieben worden. Wie komplex die Realitäten sind, sei mit folgendem Beispiel erläutert: In den vergangenen drei Jahren sind in Deutschland, bedingt durch die Wirkungen des Klimawandel (Dürre) und resultierenden Kalamitäten, große Waldflächen (überwiegend Fichten und Kiefern) abgestorben. Gewaltige Holzmengen fluten seitdem die Märkte und die Preise sind kollabiert. Das hat durchaus für Entspannung bei den legalen und illegalen Einschlägen in den rumänischen Urwäldern gesorgt, denn Millionen von Festmetern Rundholz wurden und werden von Deutschland in die riesigen Sägewerke nach Rumänien transportiert. Die Produkte wiederum werden zu fast 100 Prozent exportiert.
Die Bilder zeigen Situationen in den Fogarascher Alpen in den südlichen rumänischen Karpaten und im nördlichen Karpatenbogen in der Region Maramures. Bis zum EU Beitritt waren es unzugängliche Bergregionen mit teils großflächigen Primärwäldern. Die mehrere hundert Hektar großen Kahlhiebe haben an allen Standorten vermutlich im Zeitraum 2009 bis 2012 stattgefunden, alle Gebiete waren da schon als Natura 2000 Gebiete ausgewiesen. Wiederaufforstungen sind nicht feststellbar oder gescheitert. Die durch die Kahlhiebe bedingten extremen Standortsveränderungen (Wassermangel, hohe Temperaturen, Erosion) haben auch die Regeneration über Naturverjüng praktisch unmöglich gemacht, bzw. sie wird nur sehr langsam ablaufen. Die Bildaufnahmen stammen aus dem Jahr 2020 (Ion Holban, Bacau). Das Buch „Der Holzweg“ gibt es in der Bibliothek der HFR.