ANW-Exkursion nach Rheinland-Pfalz vom 20. bis 21. Oktober 2016
Veröffentlicht am: 16. Dezember 2016
Am Morgen des 20.10. starteten 20 Mitglieder der ANW-Hochschulgruppe, begleitet von Prof. Stefan Ruge, zu einer zweitägigen Exkursion in den nördlichen Westerwald und an die Mosel.
Nach einer etwa vierstündigen Autofahrt gelangten wir an unser erstes Ziel: Der Hatzfeldt-Wildenburg´schen Forstverwaltung. Dieser private Forstbetrieb bewirtschaftet in Brandenburg, Thüringen und Rheinland-Pfalz insgesamt rd. 15.200 ha Wald. Der von uns besuchte Besitz Schönstein in Rheinland-Pfalz umfasst 7.700 ha, davon rd. 7.000 ha Wald und wird seit 26 Jahren naturgemäß bewirtschaftet. Aus den vorherigen vorherrschenden Fichtenbeständen sollen vielschichtige, stabile Mischbestände entwickelt werden. Nach unserer Ankunft wurden wir vormittags von Revierleiter Thomas Boschen sehr kompetent durch einige Waldbilder geführt. Wie alle anderen Baumarten in der Hatzfeldt-Wildenburg´schen Forstverwaltung kann auch die Weiß-Tanne komplett ohne Verbiss- oder Fegeschutzmaßnahmen verjüngt und gepflanzt werden. Dies wird durch eine konsequente Jagd mit gut regulierten Wildbeständen ermöglicht. Dies war für uns besonders beeindruckend, denn die Weiß-Tanne ist sehr verbissgefährdt und wird, wenn sie in geringen Anteilen beigemischt ist, in aller Regel selektiv vom Rehwild verbissen.
In zwei weiteren Waldbeständen war auch der Naturschutz ein Thema. So hat der Waldbesitzer Hermann Graf Hatzfeldt-Wildenburg einzelne Waldstücke für den Prozessschutz dauerhaft aus der Nutzung genommen und in Bannwald umgewandelt. Außerdem wird an Wegrändern oder entlang von Bachläufen besonders darauf geachtet, standortgerechte und naturnahe Baumarten zu etablieren. Dies dient zum einen dem Naturschutz, gleichzeitig kann aber auch zum Beispiel mit Berg-Ahorn an Wegrändern wertvolles Stammholz erzeugt werden.
Als letztes Waldbild des Vormittags wurde uns ein Eichen-Altholz gezeigt, unter dem eine Hainbuchen-, Rot-Buchen- und Eichenverjüngung stand. Der Eichen-Altbestand wurde nach und nach in einer Zieldurchmesserernte entnommen. Um die Eiche auch im nachkommenden Bestand zu halten, werden Eichen-Trupps gefördert und durch regelmäßige Pflegeeingriffe vor dem Überwachsen durch konkurrenzstärkere Baumarten geschützt.
Während des Mittagessens in einer Hütte stieß der Geschäftsleiter des Forstbetriebs, Dr. Franz Straubinger, zu uns. Er beantwortete uns gemeinsam mit Thomas Boschen zahlreiche Fragen zu verschiedenen Gebieten und erläuterte uns detailliert das Jagdsystem des Betriebs. Dieses führt durch das Zusammenwirken von engagierten Jagdpächtern, häufigen Bewegungsjagden und strikten Regeln zu hohen Abschusszahlen und damit zu einer erfolgreichen flächigen Verjüngung.
Am Nachmittag führte uns Dr. Straubinger schließlich noch zu einem Bestand, der im Januar 2007 dem Sturm Kyrill fast vollständig zum Opfer fiel. Da der Bestand allerdings schon vorausverjüngt wurde, konnte nach dem Sturmwurf direkt mit einem etablierten und der Jugendgefahr Frost entwachsenen Jungbestand weitergearbeitet werden. Dieses Beispiel zeigte eindrücklich die Vorteile eines Unterbaus, bzw. einer Verjüngung unter Schirm in Altbeständen. Auf den Rückegassen des Bestands wurde Balsam-Pappel gepflanzt. Da diese schnell wächst, kann sie bei der ersten Nutzung der Gassen bereits geerntet werden und bringt so einen ökonomischen Ertrag. Ein weiterer Effekt ist die Stabilisierung der Rückegassen durch die Stöcke der Pappeln. Dies ist von Vorteil, da die dauerhaft angelegten Gassen noch einige Zeit genutzt werden sollen.
Insgesamt war der Tag in der Hatzfeldt-Wildenburg´schen Forstverwaltung sehr lehrreich und informativ. Unsere Fragen wurden von Herrn Boschen und Dr. Straubinger mit viel Geduld und Sachverstand beantwortet. Dafür noch einmal ein herzliches Dankeschön!
Im Anschluss haben wir uns auf den Weg nach Cochem an der Mosel gemacht, um dort in der Jugendherberge die Nacht zu verbringen. Den Abend ließen wir bei einer kleinen Weinprobe ausklingen, welche wir mit Hilfe von verwandtschaftlichen Beziehungen einer Kommilitonin organisieren konnten.
Der 21.10. begann mit einem ausgiebigen Frühstück in der Jugendherberge und der anschließenden Fahrt in das benachbarte Forstrevier Hochpochten vom Forstamt Cochem. Dort angekommen wurden wir gleich von Forstamtsleiter Hans-Peter Schimpgen, Revierleiter Michael Fohl und zwei Forstanwärterinnen begrüßt. Nach einer kurzen Einleitung in die Gegebenheiten des Reviers, wie z.B. Größe, Standort und Klima durch eine Anwärterin begann Herr Fohl mit seinem Programm.
An Hand von Grafiken und Rechenbeispielen konnte er uns anschaulich darstellen wie stark die Schäden des in seinem Revier vorkommende wiederkäuenden Schalenwildes an der Naturverjüngung bis Anfang der 90er Jahre waren. Beeindruckend waren seine jagdlichen Erfolge, hatte er den Abschuss über einen Zeitraum von ca. 25 Jahren von ca. 5 auf ca. 20 Stück Rehwild auf 100 ha erhöhen können. Dies spiegelt sich vor allem in der flächig auflaufenden, stabilen Naturverjüngung wieder.
Als nächstes zeigte er uns die in Rheinland Pfalz als „Klumpen“ bezeichneten Verjüngungsflächen. Die Besonderheit: auf einer Fläche von ca. 5 m² ließ Herr Fohl im Vorjahr eine Reihensaat mit Weiß-Tanne durchführen, welche gerade flächig und unverbissen aufkeimte. So demonstrierte er uns eine wirksame Methode, um kostengünstig standortgerechtes Nadelholz in einen Hainsimsen-Buchenwald Wald einmischen zu können.
Das nächste Waldbild sollte unsere Kommilitonin Dana Justen vorstellen, da sie in den Semesterferien ein Praktikum bei Herrn Fohl absolvierte. Das 160-jährige Trauben-Eichen Altholz aus Kunstverjüngung konnte durch seine hohe Holzqualität überzeugen, doch kamen wir nicht umhin, kritische Fragen zum Thema Vorratspflege zu stellen. Ausschlaggebend war die relativ hohe Stammzahl auf der Fläche. Sollte man beginnen, den mittlerweile reaktionsarmen Eichenkronen Licht zu schaffen, um die Zuwachsleistung zu erhöhen und die Gefahr der Bildung von Wasserreißern eingehen, oder den Kronenraum lieber geschlossen lassen? Überzeugen konnte Herr Fohl nun wieder mit seiner nahezu flächig auflaufenden Trauben-Eichen Naturverjüngung, welche auch in einem von Sturmwurf geplagten Nachbarbestand zu finden war.
In dem letzten Bestand, den uns Herr Fohl zeigte, fand im Vorfeld eine Holzerntemaßnahme in einem erntereifen Douglasienbestand statt. Es fiel auch ein starker Anteil Submissionsholz an, welchen uns Herr Fohl stolz zeigte. Besonders wies er uns auf die Fäll- und Rückeschäden hin, die nach der Starkholzernte fast nicht vorhanden waren. Dies lag vor allem an der günstigen Feinerschließung des Bestandes.
Zum Abschluss grillten wir Wildwürstchen, die uns das Forstamt zur Verfügung stellte und resümierten den vergangen Tag. Auch hier nochmal ein herzliches Dankeschön an die gesamte Mannschaft des Forstamtes Cochem.
Von der Exkursion mitgenommen haben wir, dass ohne eine konsequente Jagd kein strukturreicher Dauerwald entstehen kann. Die Schäden an der Naturverjüngung sind vielerorts Indikatoren für viel zu hohe Schalenwildbestände in unseren Wäldern. Umso beeindruckender für uns war, dass ein solch erfolgreicher Waldbau bei entsprechendem Beharrungsvermögen, Durchsetzungskraft, Überzeugungswillen und Rückgrat in einer Region möglich ist, in der sonst meist Verjüngung ohne Zaunbau oder zumindest Einzelschutz nicht funktioniert. Alles in allem war die Exkursion durch die Veranschaulichungen sehr lehrreich und im ganzen Umfang ein voller Erfolg.